5,0 sur 5 étoiles
Der Detailkünstler
Commenté en Allemagne 🇩🇪 le 16 mars 2018
Viele Kopfhörer habe ich besessen, getestet und besitze sie immer noch. Dabei habe ich gelernt, dass der Preis eines Kopfhörers rein gar nichts über die tatsächliche Klangqualität aussagt, weil jeder Hersteller im HiFi-Segment seine Klangsignatur hat und sich auch jeder Kopfhörer an jedem Ausgang anders anhört. Dann ist da noch die biologische Schwachstelle Mensch, Kopf- und Ohrform, Hörgewohnheiten und vor Allem Hörerfahrung in Verbindung mit einem gewissen Markenfetischismus und damit verbundenen psychoakustischen Abweichungen. Letztlich gibt es noch Unterschiede in der Bauform und linear abgestimmte, präzise Studio-Kopfhörer lassen beim HiFi-Freund die abgestimmte Wohlfühl-Wärme vermissen. So gibt es sau teure Produkte am Markt, die für das Gebotene viel zu teuer sind und sau günstige Kopfhörer, die manchen Hörer für das Fünffache locker an die Wand spielen können. Gibt keiner zu, weil wenn man es glauben würde, müsste man ja an seinem logischen Verstand und Gehör zweifeln. Wer aber in der Audiotechnik unterwegs ist und weiß, dass vor Allem Pop-Produktionen anderen Ansprechen genügen und vor Allem, wie Musik klingen muss, beurteilt diesen Kopfhörer daher anders. Wer auf angehobene Bässe und geformten Klang steht, wie ihn Bose oder auch Bowers & Wilkins anbieten, findet hier nicht die Lösung.
Es würde den Rahmen sprengen, einen Vergleich zu allen mir bekannten Kopfhörern zu ziehen, wobei sich auch die Prinzip bedingten Unterschiede, geschlossen, halboffen und offen, kaum zusammenbringen lassen. Jetzt also mit dem Beyerdynamic T 5 p oder Sennheiser HD 800, Bowers & Wilkins P9 Signature oder den Akai MPC Pro Headphones zu kommen, würde allerhöchstens zeigen, wie unterschiedlich und polarisierend das Thema Kopfhörer ist. In anderen Rezensionen habe ich so Vergleiche angestellt, ist mir inzwischen zu aufwendig und führt im Ergebnis auch zu nichts. Halt, Sennheiser HD 800, der ist einen Vergleich wert, ist er doch genauso offen und soll mit einem klar durchgezeichneten und linearen Klangcharakter verblüffen. Ganz ehrlich: Den K 702 ziehe ich dem HD 800 sogar vor, die Gründe werde ich noch verraten.
Der K 702 wird in einem schlichten Pappkarton geliefert, dem man nicht entnehmen kann, wie gut er tatsächlich klingt. Auch gibt es keine Box oder bis auf das Anschlusskabel mitgeliefertes Zubehör. Ich vermute, dass mein Exemplar nicht aus neuester Fertigung kommt, 2012 steht auf der Rückseite des Kartons. Ist mir auch lieber, man hat inzwischen die Fertigung verlegt und Harman/Kardon wird als Investor nicht unbedingt viel Gutes im Schilde führen, aber das sei nur Mutmaßung. Fakt ist, dass man nirgends etwas über Qualitätsschwankungen liest und AKG die Produkte über Jahrzehnte im Sortiment hält, den K 240 gibt es nach wie vor. Spannend hingegen finde ich, dass vor Erscheinen des K 712 und 812 niemand etwas am K 702 aussetzen konnte, die Anniversary-Edition empfand man als besser. Heute allerdings relativiert man diese Aussagen zu Gunsten der teureren Modelle, denn wer würde schon zugeben, dass ein Kopfhörer für 1.500 Euro (Liste, Straßenpreis inzwischen um 850 Euro) einen absolut kaum zu übertreffenden neutralen und detailverliebten, im pulstreuen Kopfhörer an die Wand spielen könnte? Und das soll der K 702 sein, da waren sich zumindest damals noch alle Tester einig. Ich bin mir dessen auch einig, zumindest nach jahrelanger Nutzung eines HD 800, den ich inzwischen verkauft habe. Der K 702 spielt sehr klangneutral auf, was dem Mainstream nicht gefällt und auch Gründe für andere Modelle liefert.
Zuvor aber ein Wörtchen zur Verarbeitung. Kunststoff ist eigentlich so ziemlich der einzige Werkstoff, bis auf die Buchse des verriegelbaren LEMO-Steckers, im Prinzip ein 3-poliger Mini-XLR. Dieser Steckertyp ist im Broadcasting-Umfeld üblich und sitzt bombenfest in der Verriegelung. Nur das Kabel nebst Schutz ragt etwas über den Rand der Muschel hinaus, was eventuell bei Linksdrehung des Kopfes an der Schulter leicht stören könnte. Das als aus Leder beschriebene Kopfband ist steif, riecht nicht nach Leder und fühlt sich für mich auch nicht danach an. Möglicherweise wurde bei den Chargen was verändert, immerhin stört es mich auf dem Kopf nicht. Auch die weichen Velourspolster sind keine Gelkissen, das soll man inzwischen auch verändert haben, sie ließen sich als Zubehör aber nachkaufen. Geht man jetzt vom eigentlich ursprünglichen UVP von rund 400 bis 500 Euro aus, dürfte der Sennheiser HD 589 und HD 600 als Vergleich reichen, hier passt also die Verarbeitung. Jedoch ist inzwischen durch das Überangebot an Kopfhörern deutlich mehr auch für weniger möglich, die Konkurrenz dürfte auch für den Preisrutsch gesorgt haben.
Offene Kopfhörer lassen den Schall zu beiden Seiten durch. Das ist einfacher zu realisieren, als rückwärtigen Schall in einer geschlossenen Kapsel zu isolieren und dann noch dafür zu sorgen, dass der Klang neutral bleibt. Dass geschlossene Kopfhörer generell problematischer sind ist nicht selten Theorie, Beyerdynamic hat das beim T 5 p sehr gut im Griff, dessen Pendant T 1 offen ist. AKG hingegen schafft es beim K 872 nicht so wirklich, der K 812 bleibt der Detailsieger. Geschmäcker sind verschieden, am Ende des Tages ist ein offenes Produkt tendenziell jedenfalls günstiger und besser realisierbar. So verwundert es nicht, dass man beim K 702 einen super linearen Frequenzgang hinbekommen hat und eine sehr hohe Detailschärfe. Geringer Bass wird ihm oft unterstellt, was man eben nicht vom HiFi-Wohlfühlklang erwartet. Kann ich verstehen, wenn man ihn zum Musikhören nutzt. AKG hat reagiert, der K 712 ist weniger neutral abgestimmt, dafür 3dB im Bassbereich angehoben, auch der Q 701 ist diesbezüglich anders. Zum Arbeiten und kritischen Abhören ohne Zwangseinfärbung der Abhöre allerdings leistet der K 702 erstaunliches und überflügelt ohne Probleme den inzwischen 10mal teureren HD 800. Diesen habe ich nämlich deshalb abgegeben, weil die Sibilanten den Mittenbereich so stark überlagert haben, dass es mir im Kopf dröhnte und sich die weite Bühne hauptsächlich im Hochtonbereich abspielte. Er klingt fantastisch musikalisch, aber eben nicht ganz linear. Übrigens, Sibilanten sind keine Klangeigenschaft, wie man hier in Rezensionen nicht selten liest. Sie sind hingegen ein Teilbereich der Frikative, genauer S- und Zischlaute der menschlichen Stimme. Frequenzbereich um 8KHz und auch der Bereich, in dem schlechte Filter in D/A-Wandlern oder Lautsprecher zum Zischeln neigen, weil wir hier sehr empfindlich wahrnehmen. Wer diesen Text also laut liest, wird also genügend Sibilanten von sich gegeben haben.
Trotz vieler, zumeist nämlich geschlossener Kopfhörer, war mir genau diese Eigenschaft wichtig, ein neutral klingender Hörer am Mischplatz und dies ohne Abschottung der Umgebung. Etwas muss ich das relativieren, denn genau diese Offenheit war auch ein Grund, weshalb ich mich vom HD 800 getrennt habe, weil mich Außengeräusche irritiert haben. Dass dies beim K 702 nicht der Fall ist, lässt sich sogar nachvollziehen. Denn auch wenn beide offen sind, verändert der K 702 durch eine leichte, aber merklich bessere Dämpfung als der HD 800 das Umfeld, so dass man beide Klangfelder besser differenzieren kann. Beim HD 800 hörte sich alles so an, als hätte man ihn nicht auf, besonders hohe Frequenzen wurden dadurch nicht gefiltert und das hat mich doch sehr irritiert. Der Sitz durch die automatische Einstellung ist ein Vorteil von AKG, das ständige Verstellen der Größe, besonders bei verschiedenen Köpfen unter ihm, nervte mich. Dadurch passt er auch Kindern gut, was man bei großen Hörern sicher nicht von jedem behaupten kann.
Immer wird, auch beim K 701 mit festem Kabel, der mangelnde Bassbereich kritisiert. Das ist ein Effekt, der aber nicht am Kopfhörer, sondern den Hörgewohnheiten der Tester liegt. In dieser Preisklasse erwartet man nicht, dass ein Kopfhörer die Bässe unverfärbt wiedergibt. Denn Tiefen gibt er in dem Lautstärkeverhältnis wieder, dass sie zum Rest der Musik passen. Wer andere Hörer gewohnt ist, hat natürlich den Eindruck, dass er schlanker klingt. Eigenständig betrachtet ist ehrlicher das bessere Adjektiv, auch wenn das zum reinen Musikhören nicht zu jedem passt. In der Praxis heißt das, dass vorhandene Bässe dann hörbar sind, wenn man sie hören soll. Für mich war das der Kaufgrund und Testtöne gibt er auch in tiefen Frequenzen knackscharf und präzise wieder. Im Vergleich zum P9 Signature von B&W, der hier ziemlich dick aufträgt, auch zum Sony MDR-1A und in Teilen zum Sennheiser HD 650, macht er das sogar mit Bravur. Wer mit Kopfhörern am Mischplatz sitzt und beispielsweise EQ-Einstellungen vornehmen muss, wird sich darüber freuen und das Ergebnis profitiert.
Gibt es Nachteile? - Ja, die gibt es. Denn er ist in der Tat etwas zickig bezogen auf den Zuspieler. Die geringe Impedanz von knapp über 60 Ohm und der Wirkungsgrad von 105dB stehen in Verbindung mit einem Flachspulensystem, das besonders gering anliegende Spannung in Schall umsetzen soll. Okay, das ist Theorie und zeigt, dass der Wert der Impedanz nur eine Größe ist. Denn während der HD 800 mit 300 Ohm an einem Korg DS-DAC100m viel zu leise ist, an einem Mackie-Interface hingegen laut genug, verhält es sich beim K 702 seltsamerweise komplett anders herum. Dabei muss es auch nicht immer ein dicker Verstärker sein, der ihn antreibt, das ist ein Irrglaube und die Leistung ist auch nur ein Qualitätsmerkmal. Es muss eben zusammen passen, da habe ich faktisch Glück gehabt. An Smartphones aber könnte er mitunter etwas leise sein, das habe ich aber noch nicht verglichen. Fest steht aber, dass die Tesla-Technologie von Beyerdynamic mit wesentlich weniger Energie auszukommen scheint, der T 5 p ist in seiner hohen Qualität mit allen Kopfhörerausgängen kaum zu erschüttern. Auch im absoluten Hochtonbereich gibt es durchaus Gründe, mehr Geld für einen Kopfhörer auszugeben. Besonders bei hohen Lautstärken neigt er leicht zum Klirren, was trotz stärkerem Hochtonanteil beim HD 800 nie passierte. Dabei meine ich wirklich den Lautstärkebereich, ab dem es unangenehm wird. Bis dahin allerdings klingt er auch ganz oben sehr gut, wenn auch mit leichten Abstrichen in der Präzision. Überbewerten darf man das aber nicht, denn ich rede von Frequenzen deutlich über 10 KHz und hochwertige Musik beeinflusst das allerhöchstens marginal.
Natürlich sind obige Eindrücke rein subjektiv. Es spielt ja auch immer ein Stück des Gefühls mit hinein, mir hat der große Hörer richtig gut gefallen und ist nicht so umständlich, wie der HD 800 mit seinem irre schweren Kabel. Ich bin zufrieden und kann ihn allen empfehlen, die einen neutralen und authentischen Kopfhörer suchen. Die jüngere Generation greife bitte zum K 712, AKG hat auf den Mainstream gehört und ist mit Ausnahme der großen Modelle weg von der Neutralität. Das finde ich auch okay, denn man muss klar zwischen Wohlfühl-HiFi und professioneller Studiotechnik trennen. Letztere ist auch nicht teurer, beziehungsweise lässt man sich in HiFi-Kreisen diese Neutralität und Klangtreue fürstlich bezahlen. AKG nun mit dem K 812 und K 872 ebenfalls, mit dem K 702 hatte man das noch nicht nötig. Dass man ihn allerdings im Sortiment belässt, sollte als Argument für die herausragende Klangqualität fast ausreichen.
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